Alle Menschen sollten das Recht auf eine medizinische Versorgung haben. Alle Menschen sollten, unabhängig ihres Aufenthaltsstatus die Möglichkeit haben, im Krankheitsfall zum Arzt gehen zu können. Leider ist dies in Deutschland nicht der Fall.
Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus haben faktisch keinen Zugang zur medizinischen Regelversorgung. Wenn sie beim Sozialamt einen Krankenschein beantragen, ist das Sozialamt nach § 87 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) verpflichtet, die Ausländerbehörde zu informieren. Im schlimmsten Fall droht dann die Abschiebung. Geflüchtete, die im Asylverfahren sind oder geduldet werden, haben nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) nur Anspruch auf reduzierte medizinische Leistungen. Die dritte Gruppe von Migrant*innen ohne regulären Zugang zur Gesundheitsversorgung sind EU-Bürger*innen insbesondere aus den neuen EU-Ländern, die oft weder in Deutschland noch in ihren Herkunftsländern krankenversichert sind.
Während ein einheitlicher Rechtsrahmen für die europäischen Arbeits-, Dienstleistungs-, Waren-, Kapital- und Finanzmärkte geschaffen wird, stellt sich die sozialrechtliche Situation der innereuropäischen Migrant*innen in der Praxis als uneinheitlich und komplex dar.
Das Medibüro Berlin verfolgt das Ziel, die medizinische Versorgung von Illegalisierten, Geflüchteten und Migrant*innen ohne Krankenversicherungsschutz auf pragmatischem und politischem Wege zu verbessern. Das Büro arbeitet seit 1996 als nichtstaatliches, selbstorganisiertes Projekt, in dem alle Mitarbeiter*innen unentgeltlich tätig sind.
Seit 2019 werden in Berlin Vermittlung und Kosten für medizinische Behandlung auch von der „Clearingstelle für nicht krankenversicherte Menschen“ übernommen. Das Medibüro bittet alle Patient*innen erst dorthin zu gehen und unterstützt jedoch weiterhin diejenigen, denen von der Clearingstelle nicht (ausreichend) geholfen wird.
Wir kooperieren mit einem Netzwerk von etwa 120 Ärzt*innen, Zahnärzt*innen, Hebammen, Psychotherapeut*innen und Physiotherapeut*innen im Berliner Raum. Während unserer zweimal wöchentlich stattfindenden Sprechzeiten vermitteln wir Patient*innen an Praxen weiter, die sich bereit erklärt haben, Behandlungen anonym und kostenlos durchzuführen. Kosten für Medikamente, orthopädische Hilfsmittel, Brillen, labortechnische Untersuchungen, bildgebende Verfahren etc. finanzieren wir über Spendengelder.
In Berlin gibt es immer mehr Menschen, die keinen Zugang zur medizinischen Versorgung haben und sich im Krankheitsfall an das Medibüro wenden müssen. In den letzten Monaten hatten wir zunehmend Schwierigkeiten, Patient*innen zu unterstützen, da die Notwendigkeit medizinischer Behandlungen häufig die Kapazität unseres Netzwerks übersteigt. Dabei haben wir nicht nur einen Mangel an Allgemeinmediziner*innen, vor allem der Bedarf an Fachärzt*innen ist höher als wir mit unseren Unterstützer*innen decken können. Insbesondere in den Fachgebieten der Psychiatrie, Zahn- und Augenheilkunde, der Dermatologie, psychologischen Psychotherapie und Neurologie wird dies deutlich. Aber auch bei anderen Beschwerden unserer Patient*innen stoßen wir regelmäßig an Grenzen und können selbst Personen mit z.B. akuten Schmerzen teilweise erst Tage bis Wochen später einen Termin vermitteln.