Medizinische Versorgung steht allen zu! Übermittlungspflicht jetzt einschränken!
Jeder Mensch hat per Gesetz das Recht auf ärztliche Behandlung. Trotzdem können zahlreiche Menschen, die ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland leben, nicht zum Arzt. Nach Paragraf 87 Aufenthaltsgesetz ist das Sozialamt bei einer Kostenübernahme der Behandlung verpflichtet, die Daten an die Ausländerbehörde zu übermitteln. Damit würde den Betroffenen die Abschiebung drohen.
Dabei hat sich die Bundesregierung in verbindlichen internationalen Menschenrechtsverträgen verpflichtet, dass jeder Mensch in Deutschland das Recht auf eine angemessene Gesundheitsversorgung, unabhängig von Einkommen, Herkunft und Aufenthaltsstatus hat. Die gesetzliche Übermittlungspflicht nach § 87 Aufenthaltsgesetz führt jedoch dazu, dass viele Menschen von medizinischen Leistungen faktisch ausgeschlossen sind. Auch international ist Deutschland für diese Übermittlungspflicht kritisiert worden: 2018 hat der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die Bundesregierung aufgefordert, die Übermittlungspflicht abzuschaffen und dafür zu sorgen, dass Betroffene Gesundheitsdienste ohne Angst in Anspruch nehmen können.
Wir fordern den Gesetzgeber auf, in § 87 Aufenthaltsgesetz eine Ausnahme für den Gesundheitsbereich zu schaffen und rufen alle Parteien auf, sich dafür einzusetzen.
Das Medibüro hat dazu mit anderen Organisationen einen Petition gestartet: Damit wollen wir die Übermittlungspflicht einschränken und allen Menschen – unabhängig ihres Status – ermöglichen, ohne Angst zum Arzt gehen zu können. Die Unterschriften wurden im April 2022 an Bundestagsabgeordnete der Regierungsfraktionen übergeben.
Gemeinsam mit einem Kläger aus dem Kosovo klagen die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und die Organisation Ärzte der Welt gegen die Stadt Frankfurt auf Zugang zu Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere (Pressemitteilung vom 10.05.2022).
Welchen Einfluss der § 87 auf das Leben von Betroffenen hat, erzählen sie in ihren Geschichten auf www.gleichbehandeln.de
Die Petition wurde unterstützt durch ein breites Bündnis von über 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen:
Ärzte der Welt, Gesellschaft für Freiheitsrecht, Diakonie, Katholisches Forum Leben in der Illegalität, Medibüro Berlin, Migrationsrat Berlin-Brandenburg, Polnischer Sozialrat, PRO ASYL, Amnesty International, AWO Bundesverband, Deutsche Aidshilfe, Armut und Gesundheit in Deutschland, diverse Medinetze u.a.
Pressmitteilung vom Medibüro Berlin zum Kampagnenstart (6. Mai 2021)